Projekt 2024-190/23

Piko 190/23 - BR 86

Dieses Projekt wurde ab Ende Mai 2024 bearbeitet.

Stichworte: Ersatzteileinbau aus Bastlerlokomotive, Wechsel von Kohlebürsten, technische Wartung

Ankauf

Dieses DDR-Fossil wurde um das Jahr 2005 herum preiswert auf ebay erstanden und lagerte seitdem, im Originalkarton wartend, auf seine Instandsetzung. Die alte Original-Rechnung datiert noch aus dem Jahre 1978 und hatte eine Garantiezeit von 6 Monaten ausgewiesen - welche im Jahr 2024 also knapp abgelaufen war.. weswegen wir uns nun selbst um dieses schöne Stück kümmern müssen..

Doch um welches Modell handelt es sich eigentlich?

Im Piko-Katalog von 1978/79 [1] wurde die BR 86 als Neuheit angekündigt - und zwar unter der Modell-Nummer 190/EM 27 (190/27). Viele der BR 86 Modelle aus dieser Zeit (auch unsere Lokomotive) besitzen stattdessen jedoch die Nummer 190/23 auf der Original-Verpackung.. der Grund dafür ist nicht ganz klar. Es scheint sich jedoch, auch aufgrund der selben Betriebsnummer 86 1800-1, um exakt das selbe Modell zu handeln; eventuell hängt es damit zusammen, dass dieses Modell auch teilweise von der Firma Gützold produziert wurde.

Der optische Zustand scheint auf den ersten Blick ganz gut zu sein - allerdings etwas getrübt durch ein für dieses Modell typisches Manko..

Diagnose

Der optische Zustand der Lok ist generell sehr gut für einen Artikel aus den 70er-Jahren - Auf den ersten Blick konnte man keine offensichtlichen optischen Mängel erkennen.

Der zweite Blick auf die Seiten der Lok offenbart jedoch, dass links und rechts jeweils eine der Kurbelstangen fehlt. Diese sind anscheinend abhanden gekommen weil die Plastik-Clips ausgebrochen sind. Nicht ungewöhnlich bei alten Modellen aus Plastik und solch filigranen Bauteilen: Alles, was es braucht, ist ein etwas ungelenker Umgang mit der Lok, da diese Kurbelstangen seitlich etwas hervorstehen - und schon sind die Clips beschädigt.

Den technischen Zustand kann man als sehr mangelhaft bezeichnen. Die Lok fährt zwar manchmal - jedoch sehr ungleichmässig und oft nicht selbständig, was Probleme bei der Stromabnahme oder Kohlebürsten andeutet [2]. Wir werden also versuchen, sowohl den optischen als auch den technischen Zustand zu verbessern.

Reparatur und Instandsetzung

Die fehlenden Kurbelstangen kann man natürlich seit Jahrzehnten nicht mehr als Ersatzteil beziehen. Deshalb müssen wir nun versuchen, die Stangen sowie die Clips als Ersatzteil von gebrauchten Lokomotiven zu erstehen. Selbst wenn uns das gelingen sollte und wir die Teile von einem Bastler bekommen könnten wäre der preiswerte Postweg wohl ein Risiko da die filigranen Teilchen sehr leicht abbrechen können. Hier kommt uns nun zugute, dass die PIKO BR 86 aus DDR-Produktion trotz ihres Alters noch sehr stark verbreitet ist und Bastlerlokomotiven dadurch sehr preiswert zu haben ist - jedoch haben viele Bastlerlokomotiven das selbe Problem, das wir zu beheben versuchen - nämlich die fehlenden, seitlichen Kurbelstangen.

Nun kommt uns jedoch Kommissar Zufall zur Hilfe - und just in dem Zeitraum, in dem wir uns vorgenommen hatten, die Lok instandzusetzen, gab es ein sehr günstiges Angebot auf kleinanzeigen.de zu ergattern: Eine etwas verbastelte, aber baugleiche BR 86 im Set für 15 Euro zzgl. Versand. Ein genauerer Blick auf die Fotos offenbarte, dass diese Lok die seitlichen Kurbelstangen noch dran hatte und diese sogar noch intakt zu sein schienen:

Das konnte man sich natürlich nicht entgehen lassen, zudem man dadurch auch die tolle Gelegenheit hatte, das bereits vorhandene Modell mit einem baugleichen, zweiten Modell vergleichen zu können und somit optische und technische Mängel abgleichen konnte. Die gelieferte Lokomotive brachte dann noch eine, bereits im Anzeigentext beschriebene Besonderheit zutage: Neben der ganz gut gelungen Alterung war die Bastler-Lok auch mit funktionierenden Front- und Rücklichtern ausgestattet! Zwar leuchteten diese ständig und konnten nicht richtig geregelt werden - trotzdem konnte man den grossen Aufwand erahnen, der betrieben wurde, um ein ursprünglich unbeleuchtetes Modell vorbildgerecht zu verbessern. 

Die Beleuchtungselemente bieten sich natürlich für die Wiederverwendung zu einem späteren Zeitpunkt an - zunächst jedoch sollen nur die seitlichen Kurbelstangen abgebaut werden, um nach gründlicher Reinigung als Ersatzteil zur Verfügung zu stehen. Diese Arbeit musste extrem vorsichtig erfolgen da die winzigen Plastikteile ironischerweise so verbaut wurden, dass sie sehr schwer herauszubekommen waren, ohne sie zu beschädigen. Aus selbigem Grund wurde das System aus Stange und Verbindungs-Clips gar nicht erst getrennt, sondern soll nach der Reinigung gleich komplett verbaut werden.

Nun mussten die alten Verbindungselements des Gestänges entfernt werden - prompt brach einer der Plastik-Clips aus, der ersetzt werden sollte: Wie gut, dass wir quasi vorgesorgt hatten und das komplette Gestänge ínklusive Gelenk ersetzen.

Um weitere derarte Abbrüche zu verhindern bietet es sich an, den Einbau des neuen Gestänges erst ganz am Ende durchzuführen nachdem die ganze Lokomotive bereits gewartet wurde.

Wartung und Instandhaltung

Die BR 86 lässt sich sehr unkompliziert und intuitiv auseinanderbauen und wieder zusammensetzen: Zur Abnahme des Gehäuses muss nur eine Schraube an der Oberseite des Rauchfangs gelöst werden.. das untere Plastik-Gestell um die Räder lässt sich mit einer Clip-Verbindung herausziehen. Dabei muss man darauf achten, das rote Plastik-Plättchen nicht zu verlieren, in dem die Clips des Gestells einrasten.

Genauso unkompliziert lassen sich die beiden Metall-Gewichte entfernen. Das hintere Gewicht wird von einer langen Schraube in Position gehalten welche man eventuell erst entfernen kann wenn man die SW4.0-Mutter auf der Gegenseite mit einem kleinen Gabelschlüssel in Position hält.

Auch die einzelnen Gestänge lassen sich sehr unkompliziert entfernen - anstelle von Schrauben oder Muttern wurden die Gestängeknoten von PIKO durch Plastik-Clips befestigt. Diese lassen sich einfach seitlich herausziehen.

Um die korrekte Gestängelage festzuhalten bietet es sich an, jeden Schritt fotografisch zu dokumentieren: Dies könnte beim anschliessenden Zusammenbau von grossem Nutzen sein.

Das Getriebe lässt sich ebenfalls sehr einfach in seine Einzelteile zerlegen: Nach dem Ausbau des Motors und der Verbindungsplatine löst man eine seitliche Schraube mit Gegenmutter und bekommt danach einen eindrucksvollen Blick auf verharztes Öl aus den 70er-Jahren. Auch hier muss man darauf achten, dass keine Kleinteile verloren gehen.

Nun kann sich glücklich schätzen, wer ein Ultraschall-Reinigungsgerät besitzt, damit man nicht jedes Kleinteil mit Zahnstocher, Waschbenzin oder Iso-Propanol reinigen muss - eine gute Alternative dazu ist es, alle Kleinteile in ein kleines Glas mit SR24 Modellbauöl einzulegen. Dieses Reinigungsöl gibt es im gut sortierten Fachhandel: Es verdampft mit der Zeit und löst Fett- und Ölrückstände meistens sehr gut auf, ohne das Grundmaterial anzugreifen.

Nach rund 24 Stunden sollten sich die Rückstände weitestgehen gelöst haben - die Kleinteile kann man anschliessend einfach lufttrocknen lassen. Die Kurbelteile der neuen äusseren Kurbelstange wurden danach noch vorsichtig mit Wattestäbchen und Waschbenzin nachgereinigt, um die Farbe der Patinierung der Bastel-Loks so gut wie möglich zu entfernen.

Inzwischen können wir uns daran machen, den Motor etwas zu warten: Eine einzige Schraube muss man lösen, um den Anker freizulegen. Hier werden zunächst die Kohlerückstände idealerweise mit einem Glasfaserstift vom Leiterrad entfernt. Anschliessend kann man die beiden Kohlebürsten einfach austauschen indem man die kleinen Befestigungsfedern zur Seite drückt.. fertig ist die Motoren-Instandhaltung.

Nach dem Polieren aller Stromkontakte macht man sich nun wieder daran, die komplett zerlegte Lok wieder zusammenzubauen: Die beste Anleitung dazu ist das fotografische Festhalten der Schritte des Zerlegens, um auch jedes einzelne Kleinteil wieder sicher zuornen zu können.

Bei jedem Schritt wurde auch nicht darauf vergessen, alle Lager und auch die Zahnräder moderat mit Spezialöl zu ölen.

Nun ist es also Zeit, die Lok zu testen: Neben korrekt rotierenden Kurbelstangen erwarten wir nun auch, dass die Lok deutlich besser fährt also zuvor. Bei der ersten Testfahrt war das leider NICHT der Fall! Als Ursache stellte sich bei genauem Hinschauen heraus, dass zwei der vier mittleren Räder von den Schienen abgehoben waren und sich daher die Stromabnahme als sehr schwierig gestaltete. Dies könnte auch der ursächliche Grund für die ursprünglichen Probleme bei der ersten Testfahrt gesehen sein [2].

Als Korrektur wurde nun das Getriebe nochmals geöffnet und versucht, die mittleren Räder um eine Zahnradzinne nach hinten zu schieben. Dadurch liessen sich die beiden mittleren Räder nun deutlich tiefer ins Getriebe hineinschieben, was dazu führte, dass alle Antriebsräder deutlich besser auf den Schienen lagen.

(Anmerkung: Das Foto unten zeigt die Lokomotive am Beginn der Instandsetzung - hier ist das verharzte Öl noch deutlich zu sehen).

Diese kleine Änderung führte nun zu deutlich verbesserten Laufeigenschaften: Die Lok lag nun gerade auf den Schienen, die Stromabnahme funktionierte besser, und der nächste Testlauf war dadurch deutlich besser als davor [3] - auch wenn die Lok vor allem in den Kurven immer noch etwas hin und her wackelte und die Stromabnahme nicht perfekt war. Interessantes Detail am Rande: Trotz brandneuer Kohlebürsten sah man wieder deutlichen Funkenflug im Motor durch die Führerstandsöffnung.

Abhilfe zu diesen Problemchen könnten nun zB noch ein hochwertigerer Motor oder auch neue Haftreifen bieten - auf den Einbau wurde im Zuge dieser Instandsetzung jedoch verzichtet. Zumindest optisch ist unsere BR 86 aber nun wieder top :)

~HS~

 

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