Projekt 2024-43557

Roco 43557 - Reihe 1044

Dieses Projekt wurde im September und Oktober 2024 bearbeitet.

Stichworte: Rückbau von AC/Oberleitungsbetrieb zu analog/DC, Wartung

Ankauf

So wie bei der RAINER exklusiv 1044.208 (Projekt 2024-1044.208 [1]) wurde auch diese Lok auf kleinanzeigen.de als "defekt und Bastelware" gekauft, im Konvolut zusammen mit ein paar anderen österreichischen Lokomotiven. Das Überraschende daran war, dass alle Lokomotiven nach erster Begutachtung optisch fast im Neuzustand zu sein schienen, aus unterschiedlichen Gründen jedoch technisch nicht so laufen, wie sie sollten.. ein Mysterium!

Doch um welches Modell handelt es sich überhaupt?

Wie auch bei der RAINER exklusiv 1044.208 handelt es sich bei dieser 1044.092 um ein Sammlerstück - diesmal jedoch von Roco selbst vertrieben, und zwar als Sonderserie unter der Artikelnummer 43557, welche 1989 um die Weihnachtszeit herum exklusiv in Österreich erhältlich war [2].

In den Hauptkatalogen von Roco findet man dieses Modell vergeblich - Lediglich auf einer Seite des Katalogs von 1989 wird unter einem grossflächigen Bild darauf hingewiesen, dass diverse Farbvarianten der 1044 schon einmal irgendwann erhältlich waren - ohne jedoch im Detail darauf einzugehen oder die Artikel-Nummern zu nennen. Die Farbvariante der 1044.092 war überdies nicht mal in diesem Bild zu sehen und taucht somit nur in Sonderprospekten auf [3]:

Dieses Sammlerstück galt es nun also instandzusetzen und wieder ordentlich zum Laufen zu bringen: Eine durchaus lohnende Aufgabe! Doch zunächst müssen wir erst mal herausfinden, warum diese wunderschöne Lok nicht mehr läuft.

Diagnose

Was könnte wohl der Grund dafür sein? Dafür musste man erst mal das Gehäuse entfernen. Bei den älteren 1044-Modellen von Roco muss man dafür einfach das Gehäuse spreizen, dadurch die seitlichen Rastnasen zur Seite drücken und das Plastikgehäuse danach vertikal in die Höhe heben. Hier offenbarten sich dann mehrere Besonderheiten und vor allem eine modifizierte Platine:

Auf den ersten Blick konnte man erkennen, dass eines der Ballastgewichte fehlte - und der Grund dafür war augenscheinlich ein dekoder-ähnliches Elektronik-Bauelement mit Knopfbatterie, das wohl nachträglich verbaut wurde. Ausserdem waren so ziemlich alle Kabel entfernt und neue Kabel sowohl mit dem Decoder als auch mit anderen Lötpunkten verbunden worden - ausserdem fehlte der Umschalter von Gleis- auf Oberleitungsbetrieb.

Doch handelt es sich wirklich um einen Decoder? Ein erster Test mit Digital-Trafo zeigte, dass - wie in der Anzeige beschrieben - alles stillstand. Ausserdem offenbarte die Anzeige der LokMaus, dass irgendwo ein Kurzschluss vorlag und dass beide Gleichstrom-Schienenstränge leitend miteinander verbunden waren.

Nun müssen wir etwas besser verstehen, was da gebastelt wurde. Welche Veränderungen genau durchgeführt wurden lässt sich sehr gut nachvollziehen wenn man den Umbau mit einer Platine einer baugleichen, funktionierenden Lok vergleichen kann - wie mit der 1044.208 von RAINER exklusiv [1], welche im Monat davor gerade frisch instandgesetzt wurde, zum Beispiel!

Hier konnte man gut erkennen, dass die Widerstände/Drosseln etwas anders aussahen und in der rechteckigen Öffnung der Platine ein elektronisches Bauteil entfernt wurde. Ausserdem wurden die Lötpunkte auf den beiden Seiten der Drehgestelle leitend miteinander verbunden - daher also der Kurzschluss:

Soweit, so gut - nach ein paar Recherchen liess sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Lok von analog/DC auf 3-Leiter-Oberleitungsbetrieb umgebaut wurde - oder dies zumindest jemand versucht hat.. vielen Dank an dieser Stelle an die hilfsbereiten Mitglieder der facebook-Gruppe "Modellbahnfragen Elektrik + Digital" [4]!

Da dieser Umbau nur für sehr spezifische Anwender von Nutzen sein durfte wurde beschlossen, diesen Umbau rückgängig zu machen, sodass die Lok am Ende wieder dafür eingesetzt werden kann, wofür sie ursprünglich gebaut wurde: Nämlich für ein gängiges analog/DC-System. Während des Rückbaus werden wir auch herausfinden, was es alles dazu braucht.

Rückbau auf analog/DC

Zunächst mussten ein paar Teile besorgt werden: Die Verkabelung kann eventuell direkt wiederverwendet werden. Den fehlenden drehbaren Metall-Umschalter zwischen Gleichstrom- und Oberleitungsbetrieb könnte man wohl nur durch Ersatzteilschrott von vergleichbaren Roco-Platinen günstig herbekommen - im Zuge des Rückbaus soll die Verbindung der Einfachheit halber jedoch einfach mit Lötverbindungen wiederhergestellt werden.

Bei dem fehlenden elektronischen Bauteil, das sich in der Platinenöffnung befand, handelt es sich um einen Kondensator. Welche Eigenschaften dieser hat liess sich von dem in der Platine der Vergleichs-Lok eingebauten Kondensator ableiten:

Die Bezeichnung "472" mit Unterstrich heisst, dass es sich um einen CC-472/100 Kondensator handelt: Ein Keramikkondensator mit einer Kapazität von 4.7 Mikro-Farad und einer maximal zulässigen Spannung von 100V. Diese Kondensatoren kann man für wenig Geld bei diversen online-Plattformen wie ebay erwerben.. ein baugleicher Kondensator kann daraufhin einfach wieder eingelötet werden.

Nun aber zum "Decoder": Dieser ist in Wirklichkeit ein Teil, das zu einem komplett anderen Zweck verbaut wurde - nämlich ein elektronischer Fahrtrichtungs-Umschalter. Die Knopfbatterie wird dazu verwendet, im AC-Analog-Betrieb die Fahrtrichtung zu puffern: Bei unserer Lok geschah das wohl im Zuge eines AC-Oberleitungsbetriebs. Für den Rückbau musste der natürlich wieder raus.

Auch die restliche Verkabelung musste zum Grossteil aufgetrennt werden: Dadurch liessen sich auch die Drehgestelle entfernen. Beim Abbau dieser zeigte ein erster Blick, dass die Getriebezahnräder wohl dringend neu geschmiert werden müssen.

Auch die Platine kann nach dem Entfernen von 3 kleinen Schrauben leicht abgenommen werden: Dadurch bekommt man auch Zugang zum Motor, welcher in den Metallrahmen der Lok eingepresst wurde und sich in sehr gutem Zustand zu befinden scheint.

Zunächst wird direkt an der freigelegten Platine der Kondensator wieder eingelötet: Die Beine lassen sich einfach in die (inzwischen etwas abgenutzten) Löcher in der Platine wieder einfügen - die relativ grossen Lötstellen erlauben es auch relativ ungeübten Lötmeistern, eine leitende Verbindung hinzubekommen ohne den Rest der Platine in Mitleidenschaft zu ziehen. Anschliessend kann die Platine sogleich wieder aufs Gehäuse aufgeschraubt werden, um die restlichen Lötstellen der Kabel zu setzen.

Nach Wartung und Reinigung der Getriebeteile, welche weiter unten im Text kurz beschrieben wird, werden die Drehgestelle wieder eingesetzt und die Kabel durch die dafür vorgesehenen Öffnungen im Rahmen durchgezogen.

Wie bereits erhofft können die Kabel, welche bereits verlötet waren, aufgrund ausreichender Länge direkt wieder verwendet werden, um die Verbindungen zwischen den Stromabnehmern der Räder und Platine wieder herzustellen. Davor müssen noch die Kardanwellen zwischen Getriebe und Motor wieder eingefädelt werden, was etwas Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert.

Nach dem Verlöten der 4 Lötstellen an jeder Ecke der Platine fehlt nur noch, die Verbindung des Oberleitungs-Drehumschalters wieder herzustellen. Dies wurde einfach mit einem Kabelrest bewerkstelligt, welcher auf den beiden Leitern des Drehumschalters aufgelötet wurde: Eine gute Referenz hierfür stellt wieder die Vergleichsplatine der anderen 1044-Lokomotive dar.

Der elektronische Umbau ist nun abgeschlossen. Aber die grosse Frage ist: Wird die Lokomotive nun auch wieder fahren? Die Antwort ist - JA! Wie eine erste, erfolgreiche Testfahrt nach dem Rückbau zeigt [5].

Wartung und Instandhaltung

Da die Haftreifen noch sehr gut aussahen wurde nur das Getriebe gewartet: Zunächst wurde die Kapsel zerlegt, anschliessend alle Zahnräder und Kapselteile von altem, verharzten Öl befreit und vorgereinigt.

Danach wurden die vorgereinigten Teile für jeweils 2 Tage in SR-24 Modellbauöl eingelegt und anschliessend getrocknet. Der Zusammenbau erfolgte dann, wie üblich, mit der Schmierung aller Lagerstellen der Achsen - ausserdem wurde Roco-Spezialfett verwendet, um die Getriebezahnräder aus Plastik wieder neu einzuschmieren.

Abschliessend wurden die zusammengebauten Getriebekapseln wieder auf die Drehgestelle aufmontiert und eingefädelt bevor das Gehäuse wieder aufgesetzt wurde. Nun war alles bereit für eine finale Testfahrt: Nicht nur Vor-und Zurückfahrt, sondern auch Lämpchen und Lichtwechsel wurden nochmals getestet und funktionierten, wie erwartet, einwandfrei [6].

Ein sehr schönes Instandsetzungsprojekt fand ein gelungenes Ende - und die 1044.092 Sonderedition war wieder voll einsatzbereit.

~HS~

Referenzen

[1] Rocodil Project 2024-1044.208 - https://gratis-4788512.webadorsite.com/projekt-2024-1044-208

[2] Bahnwahn.de - Modellgeschichte ÖBB 1044 - http://www.bahnwahn.de/rocooebb1044/Modellgeschichte/modellgeschichte.html

[3] Roco Hauptkatalog 1988/1989 - Seite 43, oben [Scan]

[4] Facebook-Gruppe "Modellbahnfragen Elektrik + Digital" - https://www.facebook.com/groups/1374489582835262

[5] Erste Testfahrt der 1044-Lokomotive nach Rückbau auf Analog/DC - https://www.dropbox.com/scl/fi/29w6da1zxl849ipxgr7td/Erste-Testfahrt-1044-nach-R-ckbau-auf-DC-analog.mp4?rlkey=lnue7r5l33fi4s7sl768htrun&st=ttytd6t3&dl=0

[6] Finale Testfahrt der 1044-Lokomotive nach Rückbau auf Analog/DC - https://www.dropbox.com/scl/fi/3wzrnjxcys8upo9i5nj3b/Finale-Testfahrt-1044-nach-R-ckbau.mp4?rlkey=rnp7xaishlju73bjhujzwlmsh&st=7qahe7wy&dl=0

 

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