Projekt 2025-181

HAG Nr. 181 - RE 4/4

Stichworte: Diagnose und Instandsetzung des Stromflusses, Wartung

Erwerb

Diese schöne Lok stammte aus einem Nachlass: Sie fuhr nicht und befand sich in einem Bastlerkeller. Optisch befand sich die fast ganz aus Metall gefertigte Lok jedoch in einem sehr guten Zustand, was eine Instandsetzung rechtfertigte.. auch die etwas zerfledderte OVP war noch vorhanden.

Doch um welches Modell handelt es sich eigentlich?

Diese Nachbildung der Schweizer Re 4/4 wurde von der Firma HAG hergestellt, eine eher kleine, Schweizer Firma welche schon seit 1942 existiert und sich im Laufe der Zeit auf hochwertige, teils handgefertigte Modelle spezialisiert hat - im Stile echter Schweizer Qualität [1].

Artikel Nr. 181 fand sich erstmals im Jahr 1977 im HAG-Katalog wieder - die Lok hatte also schon viele Jahre auf dem Buckel [2].

Dass die Lok nicht fuhr konnte viele Ursachen haben - zunächst müssen wir kontrollieren, ob der Motor noch läuft: Wie im Katalog gezeigt handelt es sich um einen auf ein Drehgestell direkt aufgesetzten Motor mit Getriebezahnrädern aus Metall.

Diagnose

Um Zugang zum Motor zu bekommen, muss man das Ganzmetall-Gehäuse abnehmen. Bei diesem Modell muss man dazu eine zentrale Schraube am Unterboden lösen, die sich neben einem kleinen Umschalter befindet: Danach müsste man das Gehäuse einfach senkrecht nach oben abnehmen können.

Falls das nicht klappen sollte, hat sich vielleicht etwas Schmierfett oder Öl zwischen Gehäuse und Rahmen angesammelt - eventuell haben sich auch die kleinen Drähte der Haltestangen im Bereich des Führerstands innerhalb des Gehäuses verbogen.

Nun hatte man Zugang zum Motor und zum Umschalter zwischen Oberleitungsbetrieb und 2-Leiter-Betrieb: Ein kleiner mechanischer Test bestätigte, dass der Schalter augenscheinlich funktional war. Mit einem Labornetzteil und einer Spannung von ca. 8V DC konnten wir dann die Motorpole direkt anschliessen - und zu unserer Überraschung feststellen, dass nicht nur der Motor problemlos in beide Richtungen lief, sondern auch die beiden Lämpchen noch einwandfrei funktionierten [3].

Es musste sich also um einen Fehler im Stromkreislauf handeln - nun begann die Fehlersuche.

Zunächst wurden alle elektronische Bauteile untersucht - die Dioden sowie die Spule, welche sich wahrscheinlich unter dem weissen Isoliermantel von einem der Kabel befand, scheinten jedoch einwandfrei zu funktionieren - ebenso der Oberleitungs-Umschalter, welcher bei anderen Loks manchmal das Problem darstellte. Auch der Richtungswechsel der Spitzenlicht-Lämpchen funktionierte so wie er sollte.. Bei der Diode handelt es sich übrigens um eine alte Diode der Kennung TFK 1N 4001. Dies deutet auf eine Gleichrichter-Diode der Firma Telefunken hin (1A/50V).

Irgendwo musste also der Stromfluss unterbrochen sein. Bei diesem Modell erfolgt die Stromaufnahme durch das hintere der beiden Drehgestelle - das vordere beherbergte den aufgesetzten Motor sowie das Getriebe.

Was jedoch auffiel war, dass der Strom anscheinend nicht von den beiden isolierten Rädern des Stromabnahme-Drehgestells über die anliegende Stromabahme-Feder bis zum Motor geleitet werden konnte. Der Stromfluss zum anderen Pol, direkt von den Achsen durch das Gehäuse, funktionierte dagegen einwandfrei.

Dies deutete auf eine offene Lötstelle oder Kabelbruch in, da die Räder blank und nicht verschmutzt waren.. wir mussten uns also den Bereich um die Stromabnehmer bei den Achsen genauer anschauen und versuchen, zu verstehen wie der Strom nicht weiterlief.

Die Stromabnahme-Feder berührte beide Laufflächen von innen. Der Metall-auf-Metall-Kontakt funktionierte auch einwandfrei, wie eine kurze Widerstandsmessung mit dem Multimeter bestätigte.

Die Feder war auf ein Isolier-Plättchen aufgenietet welches man mittels einer zentralen Schraube vom Rest des Drehgestells abschrauben konnte. Danach konnten wir uns den Bereich anschauen, wo der Strom anscheinend nicht weitergeleitet werden konnte. Hier fand man wiederum ein Isolierplättchen, welches eine weitere Stromabnahme-Feder beherbergte auf die das Stromkabel gelötet war - zu unserer Überraschung jedoch schien die Lötstelle einwandfrei zu sein. Weshalb wurde der Strom also nicht geleitet?

Der Fehler lag also bei den beiden Plättchen: Aus irgendeinem Grund erreichte der Strom von den Stromabnahmefedern der Räder das Kabel nicht.

Reparatur und Wartung

Jetzt, da der Fehler isoliert war, konnten wir ein paar Sachen ausprobieren. Dafür bietet sich doppelseitig leitendes Klebeband aus Kupfer an mit dem man zusätzliche Leiterbahnen quasi aufkleben oder erweitern kann.

Die Stromabnahmefeder des inneren Plättchens war offensichtlich dafür ausgelegt, auf eine der beiden metallischen Vernietungen der Radstromabnahme-Feder zu drücken und so den elektrischen Kontakt herzustellen. Eine der möglichen Ursachen für den unterbrochenen Stromfluss könnte also sein, dass die Feder eben nicht genau auf die Niete drückt. Deshalb wurde zunächst ein grösserer Bereich um die Nieten herum leitfähig gemacht.

Half diese Massnahme, den Stromfluss wiederherzustellen? Die Antwort war - Nein! Sobald wieder alles zusammengebaut war: Weiterhin kein Mucks.

Als nächstes wurde das doppelseitig leitende Klebeband um das Isolierplättchen herumgeführt und leitend mit der Stromfeder der Achsen verbunden. Damit konnte ein mögliches Leitproblem der metallischen Nieten umgangen werden. Der Bereich um die Befestigungsschraube wurde ausgeschnitten, um mögliche Kurzschlüsse zu vermeiden, falls die Schraube leitend mit dem Gehäuse verbunden sein sollte.

Schliesslich wurde das Leiterband noch zusätzlich mit Kapton abgeklebt, um die Isolierwirkung nach aussen wieder herzustellen.

Ein weiterer Test zeigte jedoch, dass es auch weiterhin keinen Stromfluss gab. Nun war die Ursache also weiter isoliert: Sie musste beim zweiten Plättchen oder der Stromabnahme-Feder des Kabels liegen.

Diese Diagnose bestätigte sich auch dadurch, dass man feststellen konnte, dass ein kurzzeitiger Stromfluss hergestellt werden konnte sobald man die Stromfeder leicht verdrehte oder in eine andere Richtung bog - der Kontakt der Stromfeder schien also unzureichend zu sein.

Abhilfe schaffte ebenfalls unser doppelseitig leitendes Klebeband: Es wurde einfach beidseitig grosszügig um die Stromfeder herum aufgeklebt - und schon funktionierte der Stromfluss einwandfrei, wie ein kurzer Test auf dem Rollenprüfstand belegte.

Nun war der Stromfluss wieder hergestellt. Alle Haftreifen schienen noch in Ordnung zu sein, auch die Lämpchen leuchteten so, wie sie sollten - deshalb wurde noch von einem Tausch abgesehen. Jetzt fehlte noch eine kurze Wartung des Getriebes, dann war die Instandsetzung abgeschlossen.

Die Messingzahnräder des Motors befanden sich in einem sehr guten, fast neuwertigem Zustand. Es war kein Schmierfett zu sehen, was auf Ölschmierung ab Werk hindeutete - von dieser war jedoch auch nichts mehr zu sehen, weswegen ein paar Öltröpfchen auf jedes Getriebezahnrad aufgetragen wurden: Dies sollte genug  sein, um einen dünnen Ölfilm herstellen welcher die Zahnräder wieder besser gegeneinander gleiten lässt.

Nun konnte das Gehäuse wieder aufgesetzt werden und wurde noch kurz mit einem trockenen Stofftuch gereinigt bevor die finale Testfahrt anstand. In dieser zeigte sich tatsächlich einwandfreies Fahrverhalten unserer schönen Lok [4]: Die Instandsetzung war also abgeschlossen.

~HS~

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