Projekt 2025-30795

Life-Like 30795 - E8/9

Stichworte: Blockierter Motor der B-Unit, Quietschen, Wartung

Erwerb

Diese mächtige amerikanische Diesellokomotive kam aus einem Nachlass und besteht aus zwei separaten Loks einer Doppeltraktion: Der Lok mit dem Führerstand #83L und der sogenannten "B-Unit" #83A. Beide Loks sind dabei motorisiert - auf den Schienen ein wahrlich imposanter Anblick.

Doch um welchen Artikel handelt es sich eigentlich?

Im Jahr 2002 brachte Life-Like im Zuge seiner Premium-Modellserie "Proto 2000 Series" das zweiteilige Set "E8/9 Locomotive" für das Farbschema Santa Fe mit der Artikelnummer 30795 heraus. Katalog-Referenzen für Life-Like sind sehr schwer im Netz zu finden - jedoch findet man noch vereinzelt Seiten der ehemaligen Life-Like homepage in web-Archiven, unter anderem auch für die E8/9 Doppeltraktionen [1][2].

Wie bei dieser Serie üblich befindet sich das Gehäuse separat vom Rahmen in der Packung und muss vom Käufer selbst installiert werden.

Beim Fahrtest fuhr die A-Unit ohne Probleme, sogar mit imposantem Doppel-Blinklicht - die B-Unit jedoch fuhr nicht. Dem mussten wir auf den Grund gehen.

Diagnose

Bevor wir mit dem Auseinanderbau starten sollte die Lok nochmal auf dem Rollenprüfstand untersucht werden. Hier sah man deutlich, dass der Motor Strom bekam und versuchte, zu drehen - irgendetwas jedoch schien zu blockeren [3].

Die Vermutung war, dass es am Getriebe lag: Manchmal kann man derartige Blockaden lösen, indem man etwas manuell "nachhilft" - beispielsweise durch händisches Drehen der Schwungmassen oder wiederholtem Richtungswechsel des Trafos. Dies geht natürlich nur, wenn kein mechanischer Defekt vorliegt  - doch in diesem Fall schien es vielversprechend.. und siehe da - nach ein paar Versuchen setzte sich die Lok auf dem Rollenprüfstand tatsächlich fortlaufend in Bewegung - zunächst langsam und dann immer schneller.

Beim Fahrtest auf den Schienen jedoch stellte sich horrendes Quietschen ein, was auf ein anderes Problem hindeutete - im besten Fall lag es an der mangelnden Schmierung [4].. nun führte also kein Weg daran vorbei, die Lok weiter auseinanderzubauen und auszuprobieren, ob eine Wartung des Getriebes und alles beweglichen Teile ausreichte, um die Lok wieder lauffähig zu machen.

 

Auseinanderbau

Zunächst jedoch müssen wir erst einmal herausfinden wie man den sehr filigran wirkenden Zusammenbau überhaupt weiter zerlegen kann. Das Gehäuse befand sich ja schon separat in der Verpackung - wir mussten also als nächsten Schritt die Platine abbauen. Das war, abgesehen von der Verkabelung, einigermassen trivial: Man musste einfach 3 Schrauben herausdrehen. DIe Getriebeabdeckung war da schon etwas schwieriger abzubekommen: Man musste nämlich seitlich die Flügel aufspreizen und darauf achten, sie dabei nicht abzureissen. Das wurde dadurch erschwert, dass die Lagerung der Schnecke wohl festgeklebt war - man musste also etwas Kraft aufwenden, um den Deckel abzubekommen und hoffen, dass er dabei heil blieb.

Dieser Schritt machte die Schnecke frei, welche zusammen mit einem Teil der Kardanwelle aus einem nutförmigen Röhrchen gezogen werden konnte welcher mit dem Motor verbunden war. Ein kurzer Test mit der Modullehre zeigte einen Zahnradmodul von 0.5.

Die Stromkabel von den Stromabnehmern zur Platine waren leicht am Motorgehäuse festgeklebt und konnten einfach abgezogen werden. Auf der Drehgestellseite waren die Kabel angelötet und auf der Platinenseite mit Plastikschuhen auf die Platine aufgeklipst: Beim Abziehen der Schuhe bekam man die Kabel sogleich ab. Dadurch konnte man die Drehgestelle dann einfach nach unten herausziehen.

Die grau-silberne Fahrgestell-Verkleidung konnte man mit etwas Geschick aufspreizen und dann abbekommen. Theoretisch könnte man die beiden Hälften trennen - es wäre jedoch etwas knifflig, sie dann wieder zusammenbekommen da sie mit einer Art Tackergerät zusammengedrückt wurden.

Deutlich schwieriger war es, die schwarzen, seitlichen Radverkleidungen mit den Bremsattrappen abzubekommen: Diese Plastikteile waren nämlich mit Plastik-Pins in das Getriebegehäuse geschoben und gingen sehr schwer heraus. Das Problem dabei war nicht, sie herauszubekommen (was mit einer Spachtel ganz gut gelang), sondern dass die Teile dabei heil blieben. Life-Like hat nämlich beschlossen die Plastikverkleidung extrem filigran auszuführen - mit winzigen Plastik-Verbindung zwischen den drei Hauptteilen, welche schon kaputtgingen wenn man sie nur falsch ansieht.

So passierte es schlussendlich dann auch: Einer der Teile brach einfach ab. Im Grunde ist dies kein grosses Problem weil der Teil ja im Endeffekt durch den Pin in der korrekten Lage gehalten wird - trotzdem wurde ein Versuch unternommen, die Verbindung zu kleben und darauf zu hoffen, dass sie in Zukunft einigermassen heil bleibt. Es gäbe alternativ dazu vielleicht auch die Möglichkeit, die Verbindung mit einem kleinen Stück Draht zu reparieren oder eventuell sogar zu verschweissen.. aber aufgrund der winzigen Kontaktfläche wäre das Risiko, etwas permanent kaputtzumachen, sehr gross.

Danach wurden die unteren beiden metallischen Bodenverkleidungen abgespreizt welche aufgeklipst waren - auch hier ist das Risiko gross, etwas kaputtzumachen - Robustheit war bei diesen Modellen nicht Life-Like's Stärke: Am besten fährt man mit einem dünnen Metallplättchen oberhalb der Rastnasen hinein und versucht, das Plättchen einseitig aufzudrücken.. irgendwann geht es dann auch ab und legt die quadratischen Achslagerstellen frei, welche in den Rahmen hineingepasst wurden.

Die Achsen konnten dann einfach herausgenommen und das Getriebegehäuse geteilt werden - nun bekam man Zugang zu den Plastikzahnrädern und konnte nun anfangen, alles fachgerecht zu warten.

Wartung

Alle Komponenten wurden sogleich vorgereinigt, was am besten mit fusselfreien Reinigungsstäbchen gelang - am besten eingetaucht in Waschbenzin. Anschliessend nahmen alle Kleinteile erst mal ein 24stündiges Bad in SR24-Modellbauöl, um hartnäckige Verschmutzungen zu lösen.

Die Teile können anschliessend luftgetrocknet werden - das SR24-Öl verdunstet dabei idealerweise rückstandsfrei: Zur Sicherheit kann man die Teile danach aber noch kurz zB mit einer alten Zahnbürste abbürsten.

Während dem Trocknen der Kleinteile können wir uns um den Motor kümmern: Zugang bekommt man leicht indem man die vier Messingschrauben an den Ecken entfernt.

Die Lagerstellen um die Schwungmassen herum können mit harzfreiem Öl geschmiert werden, gegebenenfalls auch wiederholt nach einem kurzen, zwischenzeitlichen Motorlauf.

Die Kupplungen zu den Kardanwellen können ebenfalls auseinandergebaut werden - der innere Teil ist jedoch mit der Schwungmasse in einer leichten Presspassung verklebt. Einer dieser Teile kam uns beim Herausziehen der Kardan-Kupplung gleich entgegen, der Kleber war wohl versprödet: War dies eine mögliche Ursache für das Quietschen? Wohl eher nicht - wir hätten ansonsten ja unterschiedliche Drehzahlen der Achsen feststellen müssen.

Da die Presspassung immer noch vorhanden war wurde das Teil einfach wieder, nach einer leichten Rotation, hineingezwängt: Man könnte jedoch auch überlegen, alle Klebereste zu entfernen und alles neu zu verkleben.. . dies erschien zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht notwendig.

Ein anschliessender Motortest zeigte, dass der Motor einwandfrei in beide Richtungen funktionierte: Die Ursache für das Quietschen schien also eher im Bereich des Getriebes zu liegen [5].

Nun wurden die Drehgestelle und Getriebe wieder zusammengebaut - wie üblich gab es an allen Lagerstellen einen kleinen Tropfen Öl, die Zahnräder wurden mit Spezial-Schmierfett geschmiert (beispielsweise von Roco).

Beim Zusammenbau der filigranen Drehgestelle musste man sehr aufpassen, dass alles am richtigen Platz war: Nur eine kleine Abweichung konnte dazu führen, das ganze Drehgestell wieder auseinanderbauen zu müssen.

Uns geschah dies gleich zweimal: Beim ersten Mal befand sich eine der quadratischen Achslager nach dem Zusammenbau nicht ganz in der dafür vorgesehenen Einkerbung, weswegen eine Achse blockierte.

Beim zweiten Mal blockierte der artikulierte, vordere Teil des Drehgestells, weswegen die drei Achsen nicht richtig auf der Schiene lagen - etwas Herumgeschiebe nach erneuter Öffnung der Teile löste das Problem, und die Federung ging danach wieder leichtgängig - so, wie es sein sollte.

Schliesslich waren während des ganzen Wartungsvorgangs auch noch zwei dünne Kabel von Lötstelle abgegangen und musste neu verlötet werden - erst mal ein schwarzes Kabel, das zu einem der Motorpole führte. Für die Neu-Verlötung musste das Isolierband zurückgeschoben und die Metallspange etwas nach oben gebogen werden, um die Verlötung zu erleichtert - nach dem Lötvorgang wurde die Spange wieder zurückgebogen.

Das zweite Kabel war vom Stromkontakt des Drehgestells abgegangen und wurde ebenfalls wieder angelötet, nachdem das Kabel etwas abisoliert wurde.

Zu guter Letzt wurde noch der Kabelsalat zwischen Platine und Stromabnehmern etwas geordnet, indem die dünnen Kabel mit Kapton-Band oben auf das Motorgehäuse aufgeklebt wurden - die originale klebrige Beschichtung an selbiger Stelle hatte nämlich naturgemäss schon deutlich an Haftkraft eingebüßt. Die losen Kabelenden konnten nach dem erneuten Festschrauben der Platine wieder mit den Kabelschuhen festgeklemmt werden.

Nun konnten wir eine erste Testfahrt des Unterbaus durchführen: Waren alle Probleme nun gelöst?

Die Antwort war natürlich - Nein! Obwohl schon viel besser als zuvor, war das Schnarren leider immer noch deutlich zu hören und deutete darauf hin, dass wir womöglich nicht ausreichend geschmiert hatten [6].

Auf dem Rollenprüfstand konnten wir das Quietschgeräusch akustisch in etwa auf die oberen Teile der beiden Getriebe zuordnen, was eventuell auf die Schneckenlagerung hindeutete. Diese wurde nun nochmals zerlegt und gereinigt - und tatsächlich fanden sich noch einige Klebereste im Schneckengehäuse und auf der Schnecke selbst, welche eventuell zum Quietschen beigetragen haben könnten.

Alles wurde nochmals extra eingeölt - diesmal auch die äusseren Enden der Achslagerungen, welche im ersten Anlauf noch ausgelassen worden waren.

..und siehe da: Auf einmal war das Quietschgeräusch weg: Wir hatten also den richtigen Riecher!

Nun war es also Zeit für die finalen Testfahrten. Zunächst wollten wir A-Unit und B-Unit gleichzeitig, aber nicht gekoppelt auf unserer Teststrecke fahren lassen. Nun fuhren beide einwandfrei, aber in etwas unterschiedlichen Geschwindigkeiten: Die B-Unit fuhr dabei ein kleines bisschen schneller als die A-Unit [7]. Dies könnte daran liegen, dass die B-Unit nun ja frisch gewartet war - es könnte aber auch von Werk aus so sein da die A-Unit einen zusätzlichen Verbraucher an Bord hat - nämlich das Blinklicht. Dieses greift naturgemäß natürlich etwas Strom von den Schienen ab, welcher dann für den Antrieb des Motors fehlt - und diesen dann gegenüber der gleich motorisierten B-Unit etwas langsamer macht.

Die finale Testfahrt dann fand natürlich im zusammengekoppelten Zustand statt - dafür mussten die separat mitgelieferten Kupplungen erst einmal eingebaut und anschliessend die Gehäuse aufgesetzt werden. Schlussendlich jedoch fuhr die Doppeltraktion einwandfrei vorwärts und (etwas vorsichtiger, um die etwas lose eingebauten Kupplungen nicht unnötig zu belasten) auch rückwärts [8]: Ein wahrlich imposanter Anblick!

Damit war unser Projekt nun abgeschlossen: Alle Teile der beiden Dieselloks wurden vorsichtig wieder auseinandergebaut und kamen in die Originalverpackung zurück - darauf wartend, irgendwann wieder einmal eine Anlage oder Vitrine auf dieser Welt zu verschönern.

~HS~

Verkauf

Im November 2025 fanden die beiden Loks bei Uwe in Göppingen ein neues Zuhause. Viel Spass damit!

 

Referenzen

 

[1] webarchive - Life-Like Trains - E8/9 A/B Locomotive Re-Introduction - Stand: war 11.2025 noch abrufbar

https://web.archive.org/web/20050421044018/http://www.lifelikeproducts.com/proto/holocoarchive/description/hoe89ablocodescreintro.htm

[2] webarchive - Life-Like Trains - E8/9 A/B Locomotive Colour schemes - Stand: war 11.2025 noch abrufbar

https://web.archive.org/web/20050421070810/http://www.lifelikeproducts.com/proto/holocoarchive/roads/hoe89ablocordsreintro.htm

[3] E 8/9 B-Unit Motortest - https://www.dropbox.com/scl/fi/rwq4il9e00pys26eaev6r/E8-9-Santa-Fe-Motortest.mp4?rlkey=p76oy64ip9417s9m1668e190z&st=p4clm0po&dl=0

[4] E 8/9 B-Unit Fahrtest - https://www.dropbox.com/scl/fi/8i4w2wa53vlm0zr7qqvoz/E8-9-Santa-Fe-Fahrtest.mp4?rlkey=8fsuh3s7hlhdgvl69igdp0vhq&st=d6jlqsn2&dl=0

[5] E 8/9 B-Unit Motortest nach Schmierung - https://www.dropbox.com/scl/fi/b3nt8fbngx05rg6jtg2yg/E8-9-Motortest-nach-Schmierung.mp4?rlkey=2rrzcb0p032px84qzo0rjwbvz&st=5rwci03d&dl=0

[6] E 8/9 B-Unit - Testfahrt nach Wartung - https://www.dropbox.com/scl/fi/z2froxp2fllbtaeonnxnu/E8-9-Leichtes-Quietschger-usch.mp4?rlkey=za5mi3udh2yhnpdps16dpama0&st=cusx8sw1&dl=0

[7] E8/9 A-Unit und B-Unit getrennt - Testfahrt - https://www.dropbox.com/scl/fi/gfe98jfo8qm3lyu0r4mza/E8-9-A-Unit-und-B-Unit-getrennt.mp4?rlkey=iwn5mburgb5yfz0fwfbifd89l&st=k6byqd3z&dl=0

[8] E8/9 - Finale Testfahrt - https://www.dropbox.com/scl/fi/70ayp0qg5uubz9603odab/E8-9-Finale-Testfahrt.mp4?rlkey=qpnlvx5sk6dhzt9y3y048c1fa&st=khcxyo2k&dl=0