Projekt 2025-43533

Roco 43533 - Rh 1045

Stichworte: Rückbau von Oberleitungsbetrieb auf DC, Wartung

Erwerb

Diese Lok wurde als Teil eines ÖBB-Konvoluts von Bastlerloks auf Kleinanzeigen.de erworben. Laut Beschreibung fuhr Sie nur im Oberleitungsbetrieb, wurde jedoch als "defekt" verkauft. Um die BR 1046 des selben Konvoluts werden wir uns natürlich auch noch irgendwann kümmern müssen.

Doch um welche Lokomotive handelt es sich eigentlich?

Die Baureihe 1045 der ÖBB fand erstmals im Roco-Katalog 1986/87 Erwähnung - und zwar als Neuheit, die auf einer Doppelseite im Katalog in gleich drei verschiedenen Farbgebungen präsentiert wurde. Die rote Farbgebung in Epoche IV-Ausführung wurde dabei als Artikel 43533 angeboten [1].

Unsere Lok ist also mehr als 40 Jahre alt - Können wir sie wieder zum Laufen bringen?

Diagnose

Zunächst müssen wir herausfinden, wie wir die Lok überhaupt öffnen können. Obwohl die Original-Anleitung nicht mehr vorhanden ist fand sich die Anleitung eines neueren Roco-Modells der selben Baureihe im Internet wieder [2]: Manchmal geben diese Anleitungen dann auch preis, wie man ähnliche ältere des selben Herstellers Modelle aufbekommt und wartet da sich die Mechanik und Konzeption oft nicht verändert hat.

Hier sieht man sogleich die erste wichtige Information: Die Schrauben zum Öffnen der Lok befinden sich anscheinend unter einer Plastikkappe zwischen den Pantographen.

Gesucht, gefunden - das Entfernen selbiger Kappe gibt sogleich einen kleinen Teil des Innenlebens sowie die beiden Haupt-Befestigungsschrauben des Gehäuses frei - man muss zuvor jedoch einen Teil der Plastik-Verdrahtung entfernen. Vor dem Entfernen des roten Gehäuses müssen wir noch einen weiteren wichtigen Schritt beachten.

Wie man auch in der Anleitung sehen kann sind die Griffstangen als Zurüstteile ausgeführt, und bei unserem Modell wurden sie eingesteckt und festgeklebt: Vor dem Aufmachen des Gehäuses müssen diese also komplett entfernt werden, ansonsten würden man sie nämlich abbrechen.

Das Innenleben der Lokomotive gibt nun weitere interessante Details frei: Man kann beispielsweise sehen, dass wahrscheinlich aufgrund mangelnden Platzes für Lichtleiter gleich vier Glühbirnchen verbaut wurden (gelb) - eine für jede Laterne. Ausserdem sieht man statt des zweiten Getriebes eine schwarze Gummi-Abdeckung (grün) sowie ein Kabel, das von einem Pol zum anderen zu laufen scheint (pink). Bei DC 2-Leiter-Betrieb wäre dies ein Kurzschluss: Beim Oberleitungsbetrieb jedoch kommt der Strom aus einer anderen Quelle, weshalb die gefundene Verdrahtung zulässig ist. Interessanterweise ist der Oberleitungs-Drehschalter jedoch nicht auf Oberleitungsbetrieb geschalten (türkis).

Im Gehäuse kann man die Leiterbahnen für den Oberleitungsbetrieb und für die vier Lämpchen erkennen, welche beim Aufsetzen des Gehäuses auf den zweiten Pol der Lämpchen drücken. Der erste Pol wird vom Ballastgewicht abgegriffen was darauf hindeutet, dass auch bei diesem Modell (wie bei den meisten alten Modellen) der Strom auch durch das Ballast-Gewicht fliesst. Dieser dient zugleich als stabiler Befestigungsrahmen für allerlei Komponenten.

Um die Lok wieder für 2-Leiter DC-Betrieb fit zu machen müssen wir sie also, falls möglich, wieder in den Ursprungszustand zurückbauen und können bei Gelegenheit gleich eine Wartung durchführen. Interessanterweise kann man keinerlei Schmiermittel erkennen, was darauf hindeutet, dass die Lok entweder viel gelaufen ist oder schon einmal gewartet wurden: Bei älteren Modellen entfernt man dabei üblicherweise verharztes Schmierfett.

Rückbau auf 2-Leiter DC-Betrieb (Teil 1)

Im ersten Teil des Rückbaus müssen wir erst mal Teile auf der Platine entfernen. Die schwarze Gummi-Ummantelung, welche wahrscheinlich von einem Stück Schrumpfschlauch stammte, beinhaltete eine Platine mit Batterie, welche wahrscheinlich die Funktion hatte, beim Oberleitungsbetrieb die Richtung umzuschalten.

 Dieses Teil konnten wir guten Gewissens entfernen: Die entsprechenden Verbindungsdrähte wurden einfach abgeklipst.

Hier kann man nun gut erkennen, dass die Lok ursprünglich 2 Getriebe und somit "Allrad-Antrieb" besaß. Aus Platzmangel wurde jedoch eines der Getriebe entfernt, damit der Umschalter Platz fand. Ebenso konnten wir den kurzen, schwarzen Verbindungsdraht zwischen den beiden Seiten der Platine ablöten da die beiden Pole nun ja wieder getrennt sein sollten. Ein kurzer Test mit dem Widerstandsmesser des Multimeters zeigte sogleich, dass damit die Isolierung der Pole wieder hergestellt war.

Nun war es Zeit für einen kurzen Motortest: Würde der Motor noch laufen? Die Antwort war: Ja! Der Motor lief auf dem Rollenprüfstand einwandfrei, wenn man eine mittlere Spannung an die beiden Pole der Platine aufbrachte [3]. Nun mussten wir also nur noch hoffen, dass die Platine auch noch brauchbar war.. aber zunächst mussten wir uns noch der Wartung widmen.

Wartung und Instandhaltung

Für eine komplette Wartung mussten wir das Getriebe zerlegen: Das ging nur, wenn man die Getriebekapseln vorher ausbaute. Da die Stromfedern von Werk aus an den Drehgestellverkleidungen unlöslich festgeschmolzen waren (was den Effekt einer "Plastikniete" hatte) mussten wir die 4 Lötverbindungen zur Platine lösen: Dann bekamen wir auch Zugang zum Motor.

Die untere Bodenplatte konnte man mit zwei Schrauben entfernen, woraufhin die Achsen mit dem Triebzahnrad herausfielen. Die Triebzahnräder der hinteren beiden Achsen wurden vom Vorbesitzer abgemacht da sie nicht benötigt wurden.

Die Stromfedern sind so konstruiert, dass sie jeweils an der Oberseite der Metallräder den Strom abschleifen können: Diese Bereiche konnte man nun mit einem Glasfaserstift etwas reinigen. Beim Blick in den leeren Zwischenraum auf die Stirnseite des Motors konnte man nun ganz gut erkennen, dass die Motorwelle abgekappt war, wo sich zu einem früheren Zeitpunkt wohl mal eine Schwungmasse und eine Kardankugel zum Getriebe befunden hatte.

Die Platine kann man durch das Lösen von zwei Schlitzschrauben vom Ballastgewicht trennen, was sogleich einen weiteren "Ballast-Deckel" zum Vorschein brachte. Durch diesen Deckel hindurch wurde der zweite Pol des Motors durch eine stromleitende Federverbindung von der Platine aus angesteuert. Hier mussten wir also beim Zusammenbau darauf achten, dass die Feder isoliert vom Gehäuse blieb - ansonsten kommt es zu einem Kurzschluss. Unter dem Deckel befindet sich der Motor.

Die Getriebeboxen sind auf beweglich gelagerten U-förmigen Metallträgern mittels 4 langer Schrauben am Ballastgewicht befestigt. Diese bekommt man gelöst indem man die Schrauben aufmacht, was sogleich auch die Loslösung der Schneckenwelle vom Motor ermöglicht. Diese ist in diesem Fall aufgrund der kompakten Bauweise nur durch eine geschichtete Plastik-Kardankugel an die Motorwelle angeschlossen.

Jetzt konnte man auch den Motor herausnehmen - zum Vorschein kam ein Standard-Motor, welcher immer noch 2 Schwungmassen, jedoch nur noch einseitig eine Welle mit aufgepresster Kardankugel besaß. Im Ballastgewicht fand man etwas schwarzen Staub, was darauf hindeutete, dass die Kohle-Bürsten im Laufe der Zeit schon etwas kleiner geworden sind.

Man konnte auch gut erkennen, dass die Hälften des abgekappten Getriebegehäuses zusammengeklebt wurden - das verbleibende Getriebe hatte ausserdem, wahrscheinlich ab Werk, keinen Deckel oben drauf - hier mussten wir also etwas darauf achten, dass sich das Schmierfett nach der Wartung nicht gleich im ganzen Gehäuse verteilte.

Nun wurde die kleine, seitliche Plastikspange des Getriebes gelöst, was dazu führte, dass man die Getriebebox öffnen konnte.

Alle Teile wurden sogleich vorgereinigt und durften sich dann auf ein 24stündiges SR24-Bad freuen, um den Großteil des alten Schmiermittels abzubekommen. Ausserdem wurden die Stromabnahme-Federn mit einem Glasfaserstift kurz abgeschliffen, und die Motorwellen bekamen an den Lagerstellen etwas harzfreies Schmieröl ab.

Danach wurde alles wieder zusammengebaut: Bei allen Zahnrädern und auch an der Schnecke wurden etwas Spezial-Schmierfett an den Flanken aufgebracht, alle Lagerstellen bekamen zudem einen kleinen Tropfen Schmieröl ab. Beim Zusammenbau der Drehgestelle musste man gleichzeitig auf mehrere Dinge achten: Die U-förmigen Träger mussten sich an der artikulierten Lagerstelle befinden, die Stromabnahme-Federn mussten allesamt korrekt auf den Rädern aufliegen, und die Kupplung musste im davor vorgesehenen Loch einrasten bevor alles zusammengeschraubt werden konnte.

Ausserdem musste man darauf achten, wieder die korrekten Schraublängen zu verbauen - ansonsten könnten die Zahnräder mit den Schraubgewinden kollidieren: Die kürzeste Schraube musste zentral in die Bodenplatte, und die längste Schraube war für den Gehäuseaufbau vorgesehen - somit blieb die mittellange Schraube für das Ende der Bodenplatte übrig.

Schmierung durfte auch auf den Zahnflanken der Treibachsen nicht fehlen, ebenso Schmieröl in deren Achslagerstellen. Somit waren wir nun fertig für den zweiten Teil des Rückbaus auf DC-Betrieb und hatten noch etwas Löten vor uns.

Rückbau auf 2-Leiter DC-Betrieb (Teil 2)

Die beiden Drehgestelle konnten nun wieder eingefädelt werden und die noch intakte Getriebebox mit der Kardankugel der Motorwelle verbunden werden. Somit waren die Stromkabel von den Stromabnahmefedern wieder über der Platine - doch wo sollten wir die Drähte eigentlich wieder anlöten?

Der Motortest hatte gezeigt, dass die Platine im Prinzip noch funktionierte und dass der Motor lief wenn man die Kontakte des Motors direkt ansteuerte - und zwar über die Nietstelle des ersten Kontakts und der Masse des Gehäuses (pink).. wenn wir dort also die Kabel direkt auflöten würden, würde die Lok im Prinzip wieder funktionieren.

Man konnte jedoch 3 Leiterbahnen auf der Platine sehen die vom Vorbesitzer durchtrennt wurden, um die Lok für Oberleitungsbetrieb fit zu bekommen (grüne Pfeile). Macht es Sinn, diese 3 Verbindungen wieder instandzusetzen?

Die Antwort lautet: Falls man im Analogbetrieb Licht möchte - ja, auf jeden Fall. Diese Verbindungen leiten nämlich den Strom über Dioden zu den vier einzelnen Lichtlampen. Auf der Platine ist dies nicht auf den ersten Blick ersichtlich - es wird jedoch klar, wenn man sich die Leiterbahnen ansieht, die im Plastikgehäuse verbaut sind. Es ist nämlich eine Besonderheit dieses Modells, dass die vier Lämpchen über Kupferbahnen im Plastik-Gehäuse angesteuert werden. Diese Bahnen berühren die Platine an zwei vordefinierten Stellen (blaue Kreuze) und nehmen somit die Dioden in den Stromkreislauf auf. 

Als Vorsichtsmassnahmen müssen wir die Platine noch gegenüber etwaigen Kurzschlüssen absichern, die vor allem nach dem Löten auftreten können - deshalb wird vor dem Lötvorgang noch isolierendes Kapton-Band zwischen die Platine und die Ballastgewicht-Masse aufgeklebt.

Danach werden zunächst die vier stromführenden Kabel wieder an die Platine aufgelötet. Zunächst wird das alte Lötzinn entfernt, danach noch etwas Lötpaste aufgetragen bevor die Kabelenden mit den Lötpunkten verlötet werden.

Beim ersten Kabel konnte man auch gleichzeitig die weggeschliffene Leiterunterbrechung "überlöten", was zwar nicht unbedingt schön aussieht, aber funktional ist. Selbige Technik wurde auch bei den anderen Unterbrechungen versucht, dort jedoch mit weniger Erfolg - weshalb die Platine nach ein paar Versuchen zugegebenermassen etwas ramponiert aussah.

Schlussendlich haben wir uns dazu entschieden, die fehlenden Leiterbahnen einfach mit kurzen Kabelstücken zu ersetzen. Auf engem Raum sieht dies zwar wiederum nicht sonderlich appetitlich aus, und der zentrale Umschalter wurde dadurch quasi unbrauchbar - aber auch diesmal war der Ansatz eher von Pragmatik als von Ästhetik getrieben, und schlussendlich war alles so verbunden, wie es sein sollte, wie eine erste kurze Testfahrt sogleich bewies [4]

Vor dem Aufsetzen des Gehäuses wurde noch ein kleiner Schönheitsfehler des Zusammenbaus korrigiert: WIr hatten nämlich beide Haftreifen auf einer Seite - wir mussten also die Bodenplatte nochmals entfernen und die Achse umdrehen. In diesem speziellen Fall war dies auch technisch kein Problem da beide Räder von der Achse durch Plastikeinsätze isoliert waren. Achtung - das ist nicht immer so!

Beim Aufsetzen des Gehäuses schlussendlich wurde darauf geachtet, dass die Stromfedern dort endeten, wo sie sollten, danach wurde das Gehäuse mit den beiden verbleibenden Schrauben festgemacht. Als letzten Schritt wurde noch der fehlende Pantographen-Draht wieder eingefädelt.. die Griffstangen blieben diesmal in einem Plastiksäckchen und können bei Bedarf später wieder eingesteckt werden.

Nachdem das Gehäuse wieder aufgesetzt ist konnte nun auch das Fahrtlicht getestet werden. Auf dem Rollenprüfstand sahen wir sogleich noch eine Besonderheit dieses Modells: Abgesehen von der Tatsache, dass die Lämpchen einwandfrei funktionierten, konnte man beim Richtungswechsel auch gut erkennen, dass in Fahrtrichtung drei weisse Laternen leuchten - bei Fahrrichtungswechsel jedoch, originalgetreu, nur eine seitliche, rote Laterne [5].

Schlussendlich war es dann Zeit für die finale Testfahrt - und abgesehen von einem leichten Schnarren gegen die Fahrtrichtung, welches wohl auch dadurch verursacht wurde, dass es nur noch ein angetriebenes Drehgestell gab, war die Testfahrt überaus erfolgreich [6]: Hoffentlich kommt diese schöne Lok bald wieder auf einer Anlage oder in einer Vitrine zum Einsatz!

~HS~