Projekt 2025-4400
Fleischmann 4400 - VT 98
Stichworte: Beseitigung von Quietschen, Entfernen von Verschmutzung, Lichtleiter-Reparatur
Erwerb
Dieser schöne Schienenbus wurde als Teil eines Konvoluts auf Kleinanzeigen.de erstanden, mit sehr wenigen Informationen und ungetestet - man musste also davon ausgehen, dass es das eine oder andere Problem geben könnte. Das Bild mit der ausgefransten OVP und fehlendem Klarsicht-Schutz liess darauf schliessen, dass der Schienenbus gebraucht war und, eventuell aufgrund eines Nachlassfalls, schon lange in der Verpackung lag.
Doch um welchen Artikel handelt es sich eigentlich?
Leider war die Verpackung im Bereich der Artikelnummer beschädigt - aufgrund der Tatsache, dass FLEISCHMANN jedoch in den 60er und 70er-Jahren nicht unglaublich viele verschiedene Schienenbus-Modelle im Massstab H0 im Angebot hatte, lässt sich im Vergleich mit Bildern, Bedienungsanleitung [1] und Ersatzteil-Blättern [2] (welche glücklicherweise online verfügbar waren) die Artikelnummer relativ leicht herleiten: Es handelt sich um Artikel #4400.
Dies war die Artikelnummer des zweiteiligen Triebwagenzugs ab dem Jahr 1971. Bereits im Katalog 1962/63 jedoch waren die beiden Einheiten als Modell-Nummer 1372/2 erhältlich [4]. In diesen Jahren hat sich das Modell praktisch nicht verändert.
Nun ging es an die erste Testfahrt dieses Oldtimers: Würde das mittlerweile rund 60 Jahre alte Modell noch funktionieren?
Diagnose
Bei den ersten Testfahrten setzte nach ein paar problemlosen Runden neben leichtem Rattern auch ein sehr lautes Quietschgeräusch ein, was auf mangelnde Schmierung der Motorlager hindeutete [5]. Abgesehen davon war der technische Zustand des Schienenbusses aber gut - sogar alle Lämpchen funktionierten noch einwandfrei, auch beim Richtungswechsel (weiss/rot), und auch die Stromabnahmefedern sowie die Haftreifen schienen noch intakt.
Eine Besonderheit dieses Modells ist die unlöslich verbundene Kupplung zwischen der Lok und dem Beiwagen. Die Plastikverbindung ist relativ filigran und enthält noch dazu etliche Kabel - bei allen Arbeiten ist also grösste Vorsicht geboten, um die Verbindung nicht zu beschädigen. Bei derartigen Arbeiten bietet sich insbesondere eine längere Lokliege aus Schaumstoff an, um die Wägen beim Drehen und Wenden etwas zu stabilisieren.
Der optische Zustand war etwas dürftig. Das Gehäuse war durchgehend stark verfettet und vermutzt, auch die Fensterscheiben aus Kunststoff haben den ein oder anderen Spritzer abbekommen. Ausserdem war eine starke Geruchsentwicklung festzustellen, welche wohl von altem Öl oder Schmierfett stammten. Kratzer und Flecken waren an verschiedenen Stellen des Gehäuses und des Unterbodens zu finden.
Vor allem das Gehäuse gehört also erst mal gut gereinigt - dafür müssen wir es aber zunächst einmal abbekommen.
Reinigung
Das Gehäuse lässt sich laut Anleitung abbekommen, indem man eine Schraube am Unterboden löst und das ganze Teil danach nach vorne schiebt.. und tatsächlich: Daraufhin kommt das Innenleben der beiden Wagen sogleich zum Vorschein.
Man kann erkennen, dass die Getriebeteile offen im Gehäuse liegen und dass die Lämpchen sowie die Lichtleiter direkt ans Gehäuse angekoppelt und mit dem Rahmen verkabelt sind.
Auch die Ursache für den strengen Geruch wird schnell klar: Die Getriebeschmierung und diverse Schmutzpartikel haben im Laufe der Jahrzehnte deutliche Spuren innen am Gehäuse hinterlassen, welche sich inzwischen schon stark verfestigt haben. Die Fensterscheiben sind dadurch nicht nur aussen, sondern auch innen stark verschmutzt.
Es gibt verschiedene Methoden, solche Verschmutzungen zu lösen - dabei muss man jedoch aufpassen, dass man die Situation nicht schlimmer macht als sie schon ist, zum Beispiel durch ätzende Reinigungsmittel oder durch Chemikalien, die Plastik-Weichmacher oder Lack angreifen.
Eine der schonendsten Methoden ist ein Bad in einer warmen Seifenlauge. Dies löst viele Verschmutzungen und Fett, und man kann beispielsweise mit einem Watttestäbchen oder einer Zahnbürste leicht "nachschrubben". Vor einem Seifenbad sollten jedoch metallische Teile (beispielsweise Puffer) oder Klarsicht-Teile entfernt werden - ausserdem gibt es das Risiko, dass sich bestimmte Verklebungen lösen.
Mit dem Messer sollte man sehr vorsichtig umgehen da die Anwendung oft mit Materialabtrag einhergeht. In bestimmten Fällen kann es jedoch hilfreich sein, zum Beispiel um Emailfarben-Spritzer oder festgefressene Fettrückstände abzukratzen.
Waschbenzin löst Schmutz üblicherweise sehr gut - an lackierten Flächen besteht jedoch immer Gefahr, dass die Farbe mit abgeht. Zumindest an der Innenseite des Gehäuses jedoch ist die Anwendung an schwer zugänglichen Stellen ganz hilfreich, um stinkende Rückstände zu entfernen.
Falls nichts mehr anderes hilft, wie bei den festgefressenen Schmutzrückständen neben dem Getriebe, kann man auch versuchen, den Belag mit dem Bohrschleifer wegzuschleifen. Am besten verwendet man dabei jedoch einen bereits gebrauchten Schleifaufsatz, um den Materialabtrag möglichst gering zu halten. Auch hier gilt natürlich: Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Nach erfolgter Gehäusereinigung werden die Kunststoff-Scheiben wieder mit handelsüblichem Plastikkleber vorsichtig eingeklebt und zusätzlich mit Hilfe von ein paar Streifen Kapton-Klebeband im nicht sichtbaren Bereich angeheftet - das alte Original-Klebeband wurde vor der Reinigung entsorgt.
Damit sehen die Wagen optisch wieder top aus - nun müssen wir uns noch dem Quietschen und der Getriebewartung widmen.
Wartung und Reparatur
Das oben im Video gezeigte laute Quietschen wird durch die zentrale Motorwelle verursacht, welche beidseitig gelagert ist. Abhilfe schaffen ein paar Tröpfchen säurefreien Öls, welches beidseitig auf die Welle aufgetragen wird. Anschliessend muss man den Motor etwas laufen lassen, damit sich das Öl über die ganze Welle verteilen kann.. schon ist das Quietschen wieder weg, wie ein kleiner Test am Rollenprüfstand zeigt [6].
Nun werden noch die Achsen demontiert und gereinigt - dafür muss man beim Motorwagen eine weitere Schraube lösen. Beim Beiwagen können die Achsen, ähnlich wie bei Waggons, durch Aufspreizen der Konus-Aufnahmen entnommen werden. Auch hier bietet sich Waschbenzin an, das man beispielsweise mit Wattestäbchen an die Radlaufflächen schrubbt.
Zu guter Letzt wird das Getriebe noch neu eingeölt - auch hier bietet sich säurefreies Schmieröl an, das man sparsam auf den Flanken aufträgt. Danach läuft, im wahrsten Sinne des Wortes, alles wieder wie geschmiert.. Dabei werden auch die Achsen selbst nicht vergessen, die zwischen den Metallplättchen und dem Unterboden gelagert sind
Nun hätten wir theoretisch alle Arbeiten abgeschlossen - doch wie so oft ergab sich kurzfristig noch ein anderes Problem: Beim Zusammenbau des Gehäuses muss man nämlich die vom Lämpchen-Aufbau abstehenden Lichtleiter vorsichtig einfädeln. Bei dieser Operation können die Leiter jedoch ziemlich leicht abbrechen - was uns in diesem Fall leider auch passiert ist.
Hier ist guter Rat nun teuer. Als Ersatzteil bekommt man die Leiter nämlich so gut wie nicht mehr - aussderdem müsste man den Lämpchen-Rahmen zerlegen. Also müssen wir wohl versuchen, den Lichtleiter zu reparieren.
Da das Plastikmaterial ja transparent ist könnte man beispielsweise versuchen, das abgebrochene Teil mit ebenfalls transparentem Plastikkleber wieder anzukleben. Theoretisch, wenn alles gut geht, müsste das Licht dann also wieder durchgeleitet werden. Probieren geht über studieren: Wir füllen die kleine Mulde mit der Bruchstelle also mit handelsüblichem Plastikkleber auf und versuchen daraufhin, den vorstehenden Leiter wieder so gut wie möglich gerade nach vorne auszurichten.
Nach dem Aushärten des Klebers kann das Teil nun erstmal wieder in das Gehäuse eingebaut werden. Dafür wird der Lämpchen-Aufbau wieder unten an der Bodenplatte festgeschraubt, und zwar relativ locker in der hintersten Position des Langlochs.
Danach wird das Gehäuse schräg von hinten aufgesetzt und über die Bodenplatte gestülpt. Abschliessend wird die Schraube im Langloch nach vorne geschoben: Das schiebt die Lichtleiter wieder in die dafür vorgesehenen Öffnungen im Gehäuse hinein. Nun kann die Schraube mit ihrer kleinen Federplatte in ihrer Endposition wieder festgeschraubt werden.
Nun kommt die Stunde der Wahrheit: Konnte der Lichtleiter tatsächlich mit transparentem Kleber repariert werden? Ein kurzer Test auf dem Rollenprüfstand zeigt tatsächlich, dass alle Lampen wie vorgesehen funktionieren und das Licht gut weitergeleitet wird: Man kann in Punkto Helligkeit keinen Unterschied zwischen intaktem und repariertem Lichtleiter erkennen. Die Reparatur war also erfolgreich!
Jetzt fehlt nur noch die finale Testfahrt auf unserer kurzen Teststrecken - und abgesehen von einem kurzen Ruckeln war diese überaus erfolgreich [7]: Dieses schöne Modell erstrahlt nun also wieder in frischem Glanz und ist voll einsatzbereit!
~HS~
Referenzen
[1] FLEISCHMANN 4400 - Bedienungsanleitung - https://fleischmann-ho.nl/downloads/handleidingen/treinstellen/hl-4400.pdf
[2] FLEISCHMANN 4400 - Ersatzteilblatt - https://fleischmann-ho.nl/downloads/detailoverzichten/treinstellen/4400-1962.pdf
[3] FLEISCHMANN Katalog 1971 - https://www.conradantiquario.de/content/katalog/fleischmann-1971.html
[4] FLEISCHMANN Katalog 1962/32 - https://www.conradantiquario.de/content/katalog/fleischmann-1962-1963.html
[5] FLEISCHMANN Schienenbus 4400 - Testfahrt - https://www.dropbox.com/scl/fi/v4e7hcu7x9kcsn841oz83/Schienenbus-FLEISCHMANN-Erste-Testfahrt.mp4?rlkey=k44elfdoh28dkmixig9j2ng6q&st=wnn7oq5c&dl=0
[6] FLEISCHMANN Schienenbus 4400 - Motortest am Rollenprüfstand - https://www.dropbox.com/scl/fi/hod94s1o8afomxbjaolx4/Schienenbus-Motortest-am-Rollenpr-fstand.mp4?rlkey=i81nrisqubl4eup1gkvjaiful&st=5p5b0wcl&dl=0
[7] FLEISCHMANN Schienenbus 4400 - Finale Testfahrt - https://www.dropbox.com/scl/fi/k1qrocfm3jmwoviapxy9g/Schienenbus-FLEISCHMANN-Finale-Testfahrt.mp4?rlkey=izm5qfjzp47jvmqdog9is1wbi&st=xtorrmdf&dl=0
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