Projekt 2025-53475

Roco 53475 - Werkslok 3

Dieses Projekt wurde im April 2025 bearbeitet.

Stichworte: Einstellung der Spurweite, Vergleich mit baugleicher Bastlerlok, Kurzschlussbehebung, Wartung

Erwerb

Diese kleine Diesellok stammte aus einem Nachlass und wurde lose im Modellbaukeller aufgefunden - Nicht unbedingt die besten Bedingungen für eine Modellbahn: Abgesehen davon, dass sie nicht fuhr, waren auch Ablagerungen auf dem Gehäuse zu finden.

Doch um welche Lokomotive handelt es sich eigentlich?

Im Jahr 1982 wurde im Roco Gesamtkatalog die französische Diesellok Y 8000 der SNCF als Artikel 4162A vorgestellt [1]. Die Bezeichnung A deutete bereits an, dass es in Zukunft mehrere baugleiche Modelle verschiedener Ausführungen geben sollte.

Irgendwann in diesem Zeitraum muss Roco dann die Idee gehabt haben, dieses spezielle Modell (eventuell aufgrund des einfachen Aufbaus und der geringen Produktionskosten?) neu zu vermarkten - und zwar in der Form von fiktiven, auf diesem Modell basierenden Loks anderer Bahngesellschaften. Diese Loks fanden dann zunächst in den neu eingeführten "Roco H0 Junior-Sets" von 1984 und in den darauffolgenden Jahren Verwendung: Beispielsweise als "BR 2084" der ÖBB oder als Diesellokomotive der Baureihe 384 der DB [2].

Bis Ende der 90er-Jahre wurden dann weitere, teils auch andersfarbige fiktive Modelle verschiedener Gesellschaften veröffentlicht: Die Lok blieb im Grunde bis auf die Farbgebung und Bedruckung dabei unverändert. Im Jahr 1996 schliesslich führte Roco eine Linie namens "HOBBY LINE" ein, welche sich durch eher robuste und einfache Bauart auszeichnen sollte - und die Lok wurde Teil dieser Serie: Diesmal als Artikel-Nr. 53475 mit dem Aufdruck "DB Werkslok 3", ebenfalls eine fiktive Bezeichnung [3]. Werkseitig war aufgrund der vereinfachten Ausführung kein Licht eingebaut. 

Diagnose

Die Lok fuhr nicht und war durch Ablagerungen und Staub etwas verunreinigt. Ausserdem lag die Lok sehr schlecht auf der Schiene: Sie schien in der Kurve und auf Weichen leicht zu entgleisen, und die Spurkränze der Räder schienen manchmal sogar die Schwellen der Modellbahnschienen zu berühren. 

Das war sehr ungewöhnlich und deutete auf veränderte Radachsen hin. Deshalb wurde ein baugleiches Bastlermodell zum Vergleich hergenommen, um diesen Defekt weiter zu untersuchen: Glücklicherweise gab es aufgrund der Häufigkeit dieser Modelle genügend vergleichbare Loks im Umlauf, um auch heutzutage noch ausreichend Ersatzteile dafür zu finden.

Die Gehäuse und der Unterbau stimmten quasi überein - auch die Räder und Stromfedern sowie die Platine schienen gleicher Bauart zu sein, lediglich die Befestigungsschrauben waren verschieden. Diese Befestigungsschrauben mussten dann auch gelöst werden, um die Lok zu zerlegen: In dieser Hinsicht war der Aufbau sehr unkompliziert. Der Motor war aufgrund der beengten Platzverhältnisse "vertikal" eingebaut.. eine Tatsache, die später bei dieser Reparatur noch relevant werden sollte.

Hierbei sei noch erwähnt, dass es zumindest bei älteren Versionen dieses Modells zur Versprödung der Bodenplatte aus Zinkdruckguss kommen kann, weswegen die Platte sehr leicht bricht - wie dies auch bei der Bastlerlok der Fall war: Hier muss man also gegebenenfalls Vorsicht walten lassen.

Alle Radachsen waren einseitig isoliert ("DC-Achsen"), weswegen man einen Kurzschluss aufgrund falscher Achsen ausschliessen konnte. Ein detaillierter Vergleich der Achsen zeigte dann jedoch, dass es doch einen grossen Unterschied gab: Die Spurweite von einer der Achsen war kleiner als jeder der anderen. Eventuell war die Lok also einmal auf den Boden gefallen und seitlich auf der Achse aufgekommen, was das nach innen deplatzierte Rad erklären würde. Warum die Lok nicht fuhr war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar - daher sollen zunächst einmal alle anderen Probleme gelöst werden.

Reparatur und Wartung

Zunächst wurde die Spurweite der Achse korrigiert. Dies war relativ einfach: Man musste nur etwas fester auf den herausstehenden Achszapfen drücken, um das Rad wieder nach innen zu schieben. Der Vergleich mit der anderen Achse zeigte dann die korrekte Spurweite.

Die Verunreinigungen wurden mit einem feuchten Lappen und Seifenlauge entfernt. Zumindest auf dem Metallgehäuse konnte man auch Waschbenzin benutzen, um etwas hartnäckigere Rückstände zu entfernen - für schwer zugängliche Stellen boten sich Wattestäbchen und Zahnstocher an.

Nicht nur das Gehäuse, sondern auch das Getriebe war verunreinigt. Fussel und Staub deuteten darauf hin, dass die Lok einmal auf einer Teppichbahn im Einsatz war. Zusammen mit der Verunreinigung der Stromabnahme-Federn könnte dies der Grund sein, warum der Strom nicht den Weg von der Schiene in den Motor fand - eine gründliche Reinigung sollte also Abhilfe schaffen.

Wie gewohnt wurde zunächst alles vorgereinigt - anschliessend wurden die Klein- und Getriebeteile in ein SR24 Ölbad eingelegt, um die hartnäckigen Rückstände von Öl, Fett und Staub zu lösen. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich Teile der Bastlerlok mitgereinigt.

Beim Zusammenbau wurde anschliessend alles wieder frisch geölt, und Roco Spezialfett auf die Plastikzahnräder und die beiden Kardanwellen aufgetragen Schliesslich noch ein Tropfen Spezialöl in die beiden Lager des Motors - fertig war die Wartung.

Ein kurzer Testlauf sollte nun zeigen, ob die Lok wieder lief und ob tatsächlich nur fehlende Wartung das Problem war - doch Fehlanzeige: Die Lok bewegte sich keinen Millimeter vorwärts. Nun musste also näher untersucht werden, was die Ursache sein könnte - deshalb wurde zunächst der Motor ausgebaut und mit einem Labornetzteil getestet: Er lief ohne Probleme in beide Richtungen.

Was könnte also die Ursache sein? Der entscheidende Hinweis kam von der Tatsache, dass sich eine Elektronikkomponente während dem versuchten Testlauf verabschiedete - obwohl sich die Lok ja nicht bewegte! Dies machte sich dadurch bemerkbar, dass es verbrannt roch und eine nicht näher definierte Flüssigkeit aus dem Teil ausrann und sich auf der Innenseite des unteren Achsdeckels und der Platine selbst niederschlug.

Diese Flüssigkeit wurde vor der erstmaligen Reinigung fälschlicherweise aufgrund der Farbe und Konsistenz für verharztes Öl gehalten und weggeputzt - was es aber nicht war: Es scheint versengtes Plastik gewesen zu sein, was auf einen Kurzschluss in der Platine hindeutete. Im Bild unten sieht man im Vergleich dazu die (intakte) Platine der Bastlerlokomotive, mit der noch intakten Komponente auf der Platine.

Doch woher kam dieser Kurzschluss? Nun kommen wir wieder auf den vertikalen Einbau des Motors zurück. Diesen kann man nämlich auf 2 Arten einbauen: Mit der "rechten" Seite nach unten, und mit der "linken" Seite nach unten. Die beiden Seiten des Motors scheinen auf den ersten Blick gleich zu sein, sind es aber nicht: Die Kohle-Schrauben mit Hexagon-Kopf sind nämlich unterschiedlich isoliert - auf einer Seite ist die Schraube mit dem Gehäuse leitend verbunden (gut zu sehen durch die Messing-Beilagscheibe), auf der andern Seite gegenüber dem Gehäuse jedoch isoliert (sichtbar durch ein schwarzes Plastik-Plättchen direkt unter dem Schraubenkopf).

Die kleine zentrale Stromfeder der Platine muss nun auf die dem Gehäuse gegenüber isolierte Schraube drücken. Wird der Motor verkehrt rum eingebaut, gibt es keinen Motorpol, der gegenüber dem Gehäuse isoliert ist: Dieses spezielle Modell ist nämlich darauf ausgelegt, dass einer der Pole von zwei Achsrädern über zwei Stromfedern direkt durch das Metallgehäuse in den oberen Motorpol läuft.. der andere jedoch von den beiden anderen Achsrädern und deren zwei Stromfedern via Leiterbahnen der Platine zur zentralen Stromfeder der Platine - welche dann auf die isolierte Kohlen-Schraube drückt.

Somit war das Rätsel nun gelöst: Der Vorbesitzer hatte wohl den Motor falsch herum eingebaut und sich dann gewundert, warum die Lok nicht mehr lief.. in diesem Zustand als Bastlerlok blieb sie dann im Keller liegen, darauf wartend, dass sich jemand darüber den Kopf zerbricht.

Glücklicherweise war die Platine der Bastlerlok noch intakt - die Platine konnte also 1:1 ausgetauscht werden. Ein kurzer Test mit dem Labornetzteil zeigte dann tatsächlich, dass dies die Ursache war - der Motor lief nun, im wahrsten Sinne des Wortes, auch in der Lok wieder wie geschmiert. Auch hier bewahrheitete sich also die alte Weisheit, dass es oft nur eine kleine Ursache für eine grosse Wirkung braucht.

Nach dem finalen Zusammenbau gab es noch den abschliessenden Testlauf, um dieses Projekt abzuschliessen - unsere kleine Werkslok war nun wieder vollständig instandgesetzt und wartete auf neue Einsätze [4].

~HS~

Referenzen

 

[1] ROCO Hauptkatalog '82/83

[2] ROCO Hauptkatalog '84/85

[3] ROCO Hauptkatalog '96/97

[4] Finaler Testlauf - Roco Werkslok 3 - https://www.dropbox.com/scl/fi/v5lq1q55cjfmxtzukfsl9/Finaler-Testlauf-Werkslok-3.mp4?rlkey=rc9scfv6l2oxuaovbrivomsg2&st=3ngdwy12&dl=0