Projekt 2025-73032
Roco 73032 - BR 86
Dieses Projekt wurde im Februar und März 2025 bearbeitet.
Stichworte: Transportschaden, Reinigung, Erwerb von Ersatzteilen, Tausch der Steuerung
Erwerb
Diese Lokomotive wurde relativ günstig auf Kleinanzeigen.de erworben - jedoch gab es nur ein einziges Foto, was entweder enen Glückskauf bedeuten kann (vor allem wenn man Artikel von fachfremden Privatpersonen bezieht) - jedoch auch immer das Risiko eines eines nicht so glücklichen Kaufs miteinschließt. Da es sich jedoch um ein relativ neues Modell handelte war das Risiko etwas überschaubarer.



Doch um welche Lokomotive handelt es sich eigentlich?
Die Artikel-Nr. 73032 wurde im Neuheiten-Katalog 2021 vorgestellt [1]: Es handelt sich also tatsächlich um ein sehr hochwertiges Modell, welches sehr fein detailliert ausgeführt ist und sogar schon die neue PluX22-Schnittstelle besitzt.

Es schien sich also auf den ersten Blick um ein Schnäppchen zu handeln - doch leider war die Lok in keinem guten Zustand, wie wir schon beim Auspacken feststellen mussten.
Diagnose
Beim Auspacken aus dem Karton fielen einem bereits diverse Kleinteile der Steuerung entgegen - ob es sich um einen "verborgenen Schaden" oder um einen Transportschaden handelte ließ sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr feststellen.. ein Transportschaden erscheint jedoch aufgrund mehrerer Tatsachen etwas plausibler.
EIner der Gründe war, dass sowohl die Originalverpackung im Paket selbst, als auch die Lok in der OVP nicht rutschfest verstaut waren. Erschwerend kam hinzu, dass die Lok "kopfüber" im Paket lag und der Deckel der OVP nicht festgemacht war. Der Schaden wäre also wahrscheinlich leicht zu vermeiden gewesen - solche Arten von Schäden fallen daher in die Kategorie "unnötig".

Nach der Dokumentation des Schadens wurde auch noch der Rest der Lok inspiziert: Dieser befand sich in sehr gutem Zustand, obwohl die Spurräder in sehr stark verschmutztem Zustand waren - sie sahen auf den ersten Blick aus wie Haftreifen! Das deutet darauf hin, dass die Lok im Anlageneinsatz war und sich im Laufe relativ kurzer Zeit eine dicke Schicht an Verunreinigungen gebildet hat: Eventuell durch stark verschmutzte Gleise oder durch zu starke Schmierung der Achsen - doch dazu später mehr. Außerdem war einer der Schneeräumer abgeknickt und ein Teil einer Kupplung teilweise abgebrochen.


Bei der Untersuchung konnte man noch ein paar andere interessante Details entdecken: Im Gegensatz zu älteren Modellen hat Roco die Stromabnahme nämlich verlegt: Von den Hauptantriebsrädern zu den gefederten Spurrädern vorne und hinten. Diese Konstruktion scheint etwas filigraner zu sein als die Stromabnahme-Federn der älteren, robusten Modelle - eventuell lässt sich dadurch jedoch die Stromabnahme etwas verbessern.


Ersatzteile
Es war klar, dass sich die Lok ohne Ersatzteile nicht reparieren liess - und hier hatte man nun Glück und Pech gleichzeitig: Glück einerseits, da der Großteil der Ersatzteile für dieses spezielle Modell noch werkseitig erhältlich war da es sich um ein relativ neues Modell aus dem Jahr 2021 handelt - viele Ersatzteile befanden sich jedoch laut website schon im Auslauf [2].
Pech hatte man andererseits, da die oben gezeigte Beschädigung eine komplett neue Steuerung #143504 als Ersatzteil erforderte [3] - und die war alles andere als billig: Sie war nämlich neben dem Kessel das mit Abstand teuerste Ersatzteil.


Durch Recherche bei gängigen Modellbahn-Geschäften konnte man Angebote für dieses Ersatzteil finden welche rund 20% unter dem Werkspreis lagen - viel günstiger wurdes es jedoch nicht mehr. Zumindest war das Teil lagernd, und die Lieferung dauerte nur wenige Tage.


Alternativ dazu könnte man versuchen, eine BR 86 Bastlerlok mit intaktem Gestänge zu einem deutlich niedrigeren Preis zu finden - dies schien jedoch so gut wie ausgeschlossen. Ebenso könnte man versuchen, die kaputten Gestängeteile durch Teile von Drittanbietern (Weinert, etc.) zu ersetzen - abgesehen davon, dass dies nicht viel günstiger war, ist das Risiko jedoch auch sehr hoch, dass die dort angebotenen Teile für BR 86 Loks nicht auf dieses spezielle Modell passen würden (wie Weinert auf Anfrage leider auch bestätigte).
Schliesslich könnte man noch versuchen, die Teile selbst zu reparieren, zB durch Neuvernietung, Kleben, oder Anfertigung der Ersatzteile - auch hier jedoch war sicherer Erfolg reine Spekulation, und ohne passendem Spezial-Feinmechanikerwerkzeug wohl auch zum Scheitern verurteilt.
Sehr günstig erschienen im Kontrast dazu die restlichen Ersatzteile, welche bei Gelegenheit gleich dazubestellt werden konnten: Nämlich der gebrochene Bahnräumer, sowie die in der in der Originalverpackung fehlenden Zurüstteile (Tafelsatz, Nummerntafeln, und der komplette Zurüstbeutel).


Nun fehlt jedoch noch ein weiteres, wichtiges Ersatzteil welches auf den ersten Blick nicht offensichtlich ist. Man muss sich nämlich fragen, wie es (trotz unglücklicher Umstände) zu solch einer Transportbeschädigung kommen kann wenn sich die Lok ja in der OVP befindet?
Nach etwas Recherche kam ein weiterer, wichtiger Grund zum Vorschein, warum es zu dieser Beschädigung kommen konnte: Die Verpackung war nämlich nicht komplett, wie die Bilder einer vergleichbaren, neuwertigen Lok, welche auf ebay angeboten wurde, zeigten. Ein wichtiger Teil der Verpackung fehlte: Und zwar der Plastikeinsatz, welcher den oberen Teil der Lok umschloss.


Das Problem mit diesem fehlenden Teil ist nun, dass die Lok ohne Plastikummantelung verrutschen kann und die empfindliche Steuerung nicht ausreichend geschützt wird. Dadurch könnte es beim Verschicken oder beim Bewegen der Lok in der OVP somit wieder zu einem Schaden kommen wenn man nicht aufpasst - wir müssen uns also dieses Plastikteil irgendwoher besorgen. Dies ist gar nicht so einfach, da es nicht als "Ersatzteil" existiert.
Glücklicherweise wurde eine Leerverpackung eines vergleichbaren Modells auf Ebay verkauft - zwar trotz Herunterhandeln des Ausgangspreises nicht ganz billig, aber die Investition langfristig allemal wert: Im Endeffekt musste man froh sein, dass jemand eine solche Packung überhaupt verkauft.


Nun sollten wir also endgültig alles bestellt haben, um die Lok wieder instandzusetzen: Danach sollte alles wieder komplett und (fast) wie neu sein. Bevor wir die Steuerung jedoch ersetzen müssen wir alles erst mal gründlich reinigen: Beim Zerlegen wartete nämlich schon die nächste Überraschung.
Reinigung und Wartung
Die Lok lässt sich relativ unkompliziert zerlegen wenn man eine Anleitung sowie einen kleinen Kreuzschlitz-Schraubenzieher zur Hand hat. An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass es sich um eine sehr hochwertige und neue Lokomotive handelt. Es wird daher wärmstens empfohlen, zumindest die äußeren Gehäuse- und Kesselteile aus Plastik nicht direkt mit den Fingern anzufassen sondern beispielsweise mit Stoffhandschuhen. Solche Handschuhe können bereits für weniger als 1 Euro pro Paar auf gängigen Verkaufsplattformen in allerlei Größen erworben werden.


Nach Freilegung der Befestigungsschraube auf dem Kessel kann man selbigen Teil abnehmen - das Entfernen des Zwischenteils mit dem Kohle-Vorrats-Behälter legt anschliessend Platine und Motor frei.


Platine, oberen Rahmen und Motor kann man anschliessend mit ein paar Schrauben unkompliziert vom unteren Rahmen trennen - auch hier gibt die Anleitung ganz gut Aufschluss darüber, was zu tun ist. Etwas Vorsicht ist beim kleinen 3-poligen Stecker geboten, den man sehr vorsichtig aus der Klemmverbindung herausziehen sollte nachdem man die Klemm-Nasen etwas gelockert hat. Nun ist der obere Teil des Getriebes freigelegt.




Zu einem späteren Zeitpunkt müssen wir die Lok dann an diesem Punkt weiter zerlegen, um an die Steuerung heranzukommen. Zunächst ist jedoch erst mal Reinigung, Wartung und Schmierung angesagt weswegen wir uns das Getriebe näher anschauen müssen.
Wartung und Instandhaltung
Die oberen beiden Getrieberäder bekommt man, zusammen mit dem Gehäuse, heraus wenn man eine einzelne Schraube entfernt - und schon nach dem Ausbau können wir erkennen, dass die Zahnräder viel zu viel Schmiermittel auf den Oberflächen haben.


Nach einer ersten Vorreinigung kann man die Platine wieder festschrauben damit die Lok etwas stabiler liegt. Nun muss man von der Unterseite an das Getriebe ran. Hier bietet sich dann an, dass man auch gleich alle Achsen, Kurbelstangen und Abdeckungen reinigt. Zugang zu selbigen bekommt man, wenn man die Unterplatte entfernt. Die filigranen Flechtstangen kann man zuvor zB mit einem Zahnstocher vorsichtig herauslösen.


Auch hier kann man schon sehr gut den übermäßigen Einsatz von Schmierfett und Öl erkennen, vor allem im Getriebe - ein Wunder, dass die Lok in der Vergangenheit überhaupt gelaufen ist und nicht durch das ganze, überschüssige Fett blockiert hat.


Nun wird wiederum alles vorgereinigt - anschließend werden die Achsen vom Gestänge getrennt, wobei man wieder mal sehr vorsichtig sein muss, um die SteckBolzen nicht abzubrechen. Diese kleinen Bolzen ersetzen bei vielen neueren Dampflok-Modellen die kleinen Sechskant-Schrauben, mit welchen die Gestängeteile vormals an die Räder festgemacht wurden.


Beim defekten Gestänge befindet sich ein Teil dieses Bolzens, welcher Teil der Steuerung ist, noch im Rad und muss entfernt werden. Dafür kann man beispielsweise eine dickere Nadel verwenden und von der INNENseite des Rades gegen den Bolzen pressen, bis das abgebrochene Stück nach aussen herausfällt. Auch hier ist wiederum viel Fingerspitzengefühl gefragt, um nichts zu zerkratzen oder zu beschädigen.



Nach dem Zerlegen und dem Vorreinigen aller restlichen Räder geht es dann ab in's SR24 Modellbahnöl-Bad - und zwar am besten für länger als 24 Stunden. Auch ein Ultraschall-Bad kann in solchen Situationen sehr hilfreich sein - falls man denn Zugang zu einem hat. Auch hier sei nochmals erwähnt, dass es sehr hilfreich sein kann, alle einzelnen Schritte fotografisch festzuhalten.




Nun werden alle sauberen Teile nach Lufttrocknung des SR24-Öls wieder zusammengebaut und geschmiert: Das Getriebe mit Spezialfett, und alle beweglichen Lagerstellen mit einem winzigen Tropfen Öl. Beim Zusammenbau des Gestänges ist insbesondere darauf zu achten, die richtigen Steckbolzen wieder in die richtigen Achsen zu stecken da sich diese in der Länge und Geometrie leicht voneinander unterscheiden!



Die letzten beiden Bolzen werden von der Steuerung in das Rad gesteckt - nun ist es also Zeit, die neue Steuerung einzubauen.
Reparatur
Die Steuerung wird zugänglich wenn man die Platine entfernt und die darunterliegende Abdeckung entfernt. Dies geht etwas einfacher, wenn man die Platinenkontakte zu den Stromkabeln von den Radstromfedern vorher ablötet - es ist jedoch nicht notwendig: Die Steuerung lässt sich mit etwas Feingefühl und Geduld auch so ausfädeln.


Die beiden Steuerungszylinder müssen senkrecht aus der Verankerung nach oben geschoben werden - anschließend wird die eine Hälfte der Steuerung (natürlich erst nach dem Auftrennen der Bolzenverbindung zur Mittelachse) unter dem Gehäuse hindurch auf die andere Seite geschoben: Damit ist die Steuerung entfernt, und das Ersatzteil kann auf die selbe Art und Weise eingebaut werden.
Falls etwas nicht einrastet oder sich nicht in der richtigen Position befinden sollte merkt man das spätestens beim Zusammenbau der oberen Gehäuseteile: Gewalt sollte auch in diesem Fall NIE angewendet werden.


Beim Einbau der Platine muss man darauf achten, dass sich alle Kabel und Stränge in den richtigen Positionen befinden - ausserdem muss der 3polige Stecker wieder eingesetzt werden: Auch dies geht ohne Gewalt, und am besten nach vorherigem fotografischem Festhalten aller Einzelschritte.


Als letzten Schritt zum Einbau der neuen Steuerung werden beidseitig die Steuerungsbolzen eingesetzt, welche die Gestängeteile und die Beilagscheibe an der mittleren Achse feststecken. Danach wurden noch der Kessel und andere Steckteile wieder aufgesetzt: Die Lok ist nun wieder einsatzbereit.




Nun gab es noch 2 kleinere optische Mängel zu beheben: Der erste war der hintere, gebrochene Bahnräumer. Dieser wurde als Ersatzteil gekauft - doch anstatt ihn auszutauschen, soll er zunächst geklebt werden. Da es sich um ein einfaches Steckteil handelte, kann man den defekten Räumer danach ja immer noch ersetzen. Die Bruchstelle wurde also mit einem handelsüblichen Plastikkleber geklebt und anschliessend mit einem Metallstück beschwert, damit sich die Klebestellen gut aneinanderpressen.


Genauso wurde beim vorderen Kupplungshaken verfahren: Dieser ist ein Zurüstteil und wurde vom Vorbesitzer bereits verbaut, ist jedoch ebenfalls abgebrochen. Auch hier wurde der abgebrochene Haken zunächst wieder angeklebt. In Zukunft, oder falls die Klebestelle optisch stören sollte, kann er jedoch jederzeit wieder mit einem neuwertigen Teil aus dem Zurüstteil-Säckchen ersetzt werden.


Nun war die Lok wieder voll einsatzbereit und das Projekt beendet - es fehlte also nur noch die finale Testfahrt, welche hervorragende Laufeigenschaften in beide Richtungen, funktionierenden Lichtwechsel und optische Schönheit offenbarten [4]: Unser Projekt war also ein voller Erfolg!
~HS~



Referenzen
[1] ROCO Neuheiten-Prospekt 2021 - https://www.roco.cc/static/frontend/Casisoft/Roco/de_DE/doc/uploads/service/downloads/Kataloge/20210112_ROCO_Neuheitenkatalog_2021.pdf
[2] Ersatzteile für Roco-Modell 73032 - https://www.roco.cc/rde/ersatzteile?et=73032
[3] Ersatzteilblatt für Roco-Modell 73032 - https://www.roco.cc/static/frontend/Casisoft/Roco/de_DE/doc/ET/1/DE/8073032930.pdf
[4] Finale Testfahrt der BR 86 nach Reparatur - https://www.dropbox.com/scl/fi/5q3yjrcn95l321hzbmzkr/BR-86-finale-Testfahrt.mp4?rlkey=7zrljswh7ro8n9o2759h5ffsh&st=yvkrxxct&dl=0
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